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07.08.2001 USA

Trotzreaktion: Antinori und Zavos wollen in internationalen Gewässern Menschen klonen

Der italienische Gynäkologe Severino Antinori und sein US-Kollege Panayiotis Zavos sowie Mitglieder der Sekte Raël (Firma: Clonaid) sind vor einen Expertenausschuss der US-amerikanischen Akademie der Wissenschaften in Washington eingeladen worden. Sie sollen über ihre Klonprojekte angehört werden.

Während die Raël-Sekte auf den Bahamas Menschen klonen will, erwägt Antinori gemäss "Sunday Times" notfalls seine Versuche auf einem Schiff in internationalen Gewässern durchzuführen. Zudem verkündete er, dass der Beginn seines Projektes im November angesetzt sei. Vorausgesetzt, dass die Experimente gelingen, wäre das erste Klonbaby im Jahr 2002 zu erwarten.

Antinori übersieht dabei geflissentlich, dass Menschenrechte universale Rechte sind und die UNESCO in ihrer Deklaration mit Bezug auf Menschenwürde und Menschenrechte das reproduktive Klonen verboten hat. Diese gelten auch in internationalen Gewässern. Der "Daily Mail" in London verriet Antinori, er habe bereits 200 Paare für seine Klonexperimente ausgewählt und werde sie kostenlos behandeln.

Severino Antinor, Brigitte Boisselier, Panayiotis Michael Zavos

Bildquelle: www.yahoo.com

Der Direktor des International Associated Research Institute in Italien, Severino Antinori, im Gespräch mit der Direktorin von Clonaid, Brigitte Boisselier, während der Direktor des Andrology Institute, Panayiotis Michael Zavos, eine Präsentation anlässlich der Diskussion an der National Academy of Science in Washington vom 7. August 2001 aufmerksam verfolgt. Die Veranstaltung, an der Spezialisten aus der ganzen Welt teilnahmen, stand unter dem Titel: "Scientific and Medical Aspects of Human Cloning".

Entsetzte und spottende Wissenschaftler an der National Academy of Science

Als Ergebnis der Veranstaltung der National Academy of Science in Washington vom 7. August 2001 zum Thema "Wissenschaftliche und medizinische Aspekte des Klonens von Menschen" ist höchstens das Medienecho erwähnenswert. Die wissenschaftlichen Kontrahenten diskutierten mehr emotional als sachlich. Weder gelang es den drei Klon-Befürwortern irgendwelche relevante Details über ihr Klonprojekt zu entlocken, noch konnten sie von den Kritikern durch wissenschaftlich nachweisbare Bedenken von ihrem Vorhaben abgebracht werden. Die drei "Klon-pioniere" ignorieren diese Fakten schlicht und einfach. Als Reaktion ernteten sie Zwischenrufe, Gelächter und Spott.

Vom ethischen Gesichtspunkt sind die Voten jener Biologen am Glaubwürdigsten, die ausschliesslich Forschung an Tieren betreiben. S. Antinori und P. Zavos schlugen den Haupteinwand der Biologen in den Wind, wonach mit einer unverantwortbaren Missbildungs-, Abort- und Sterblichkeitsrate zu rechnen ist. (Näheres siehe "Reproduktives Klonen") Sie entgegneten, sie würden die geklonten Embryonen einfach "screenen", d.h. testen. Der Einspruch von Embryologen, wie Alan Trounson, welcher vor verbrauchender Embryonenforschung, Präimplantationsdiagnostik und selektivem Fetozid nicht zurückschreckt, ist weniger Gewicht beizumessen. Natürlich ist es unmöglich, die geklonten menschlichen Embryonen auf alle möglichen Fehler zu testen, aber es ist möglich jene Techniken anzuwenden, welche die Embryologen in den letzten Jahren entwickelt haben: Präimplantationsdiagnostik, pränatale Diagnostik, selektiver Fetozid und Abtreibung. Wenn die Embryologen jetzt (noch) entrüstet auf die Klon-pioniere zeigen, müssen sie sich bewusst sein, dass sie jenen die "qualitätssichernden" Mittel in die Hand gegeben haben.

Eines ist sicher: Falls die jetzt noch miserablen Erfolgsquoten des reproduktive Klonens erheblich verbessert würden, kämen viele Reproduktionsmediziner in Argumentationsnotstand, da sie es nicht gewohnt sind, wirklich in ethischen Dimensionen zu denken. Wer trotz detaillierter Kenntnisse IVF mit all seinen Begleitverfahren betreibt und befürwortet, muss einige ethisch relevante Fragen ausblenden, die auch für S. Antinori und P. Zavos relevant wären. Soll menschliches Leben nach einem Trial- Error und Killverfahren gezeugt und behandelt werden? Ist die Würde des Menschen nicht schon mit seiner Zeugung zu achten? Wenn dies nicht so wäre - worin bestünde dann noch der Unterschied zwischen der Würde von Mausembryonen und menschlichen Embryonen? Solche Fragen wurden anscheinend an dieser Veranstaltung nicht gestellt. Das verwundert eigentlich gar nicht, denn der Titel der Veranstaltung vom 7. August lautete doch: "Wissenschaftliche und medizinische Aspekte des Klonens von Menschen". Die Ethik hat schon im Titel keinen Platz gefunden, denn die Forschungsprojekte vieler anwesender Wissenschaftler könnten selber kritischen ethischen Fragen nicht standhalten.

Ein Bericht über die Tagung mit dem gleichnamigen Titel ist von der National Academy of Science herausgegeben worden (siehe).

Das gab's doch schon einmal: Vor nahezu 30 Jahren diskutierte Robert Edwards ebenfalls vor der National Academy of Science!

Die Geschichte scheint sich übrigens zu wiederholen. Vor nahezu 30 Jahren hatte sich der Retortenbabypionier Robert Edwards ebenfalls den kritischen Fragen der National Academy of Science zu stellen. Ein vehementer Kritiker war gemäss seiner Autobiographie "A matter of Life" (1980) - man staune - Nobelpreisträger James Watson! Der Titel jener Veranstaltung von der National Academy of Science lautete: "Fabricated Babies: The Ethics of the New Technology in Beginning Life." Bei der Diskussion damals stand also noch die Ethik im Mittelpunkt!

Der Theologe Paul Ramsey warf Edwards vor, "die Heiligkeit des Lebens zu ignorieren und führten unmoralische Experimente an Ungeborenen durch". Deshalb sei sein Vorhaben moralisch absolut verboten. Leon Kass etwa argumentierte, das Verfahren von Edwards sei nicht therapeutisch - die Frauen würden auch nach der Behandlung steril bleiben, selbst wenn sie aufgrund der implantierten Embryonen ein Kind gebären würden. James Watson erklärte: "Sie können ihre Arbeit nur weiterführen, wenn Sie die Notwendigkeit von Kindstötung (infanticide) akzeptieren." Selbst der berühmte Howard Jones verlangte während jener Debatte ein Moratorium.

Wie antwortete Edwards Steptoe? Er versetzte dem Theologen Paul Ramsey einen verbalen Schlag unter die Gürtellinie, indem er ihn anklagte einen ethischen Standpunkt zu vertreten, der schon um 100 Jahre veraltet sei und der absolut nicht geeignet sei den schwierigen Entscheidungen zu entsprechen, welche die modernen wissenschaftlichen und technischen Fortschritte hervorriefen. Edwards doppelte nach: "Dogmen, welche in die Biologie Eingang gefunden haben - ob kommunistischen oder christlichen Ursprungs - haben nichts anderes als Leiden verursacht." Darauf erntete er Applaus. Schlussendlich erklärte Edwards: "Unsere Arbeit wird fortgesetzt."

Nicht uninteressant dürfte nun sein, wie die Arbeit von Edwards und Steptoe im Detail ausgesehen hat. Die entsprechenden Daten sind erstmals auf der Webseite von HLI-Schweiz via Internet zugänglich gemacht worden und entstammen der Autobiographie von Edwards und Steptoe. Man muss sich vor Augen halten, dass die heute von der Medizin überwiegend akzeptierte Methode der In-vitro-Fertilisation (IVF) auf diesen ethisch absolut verwerflichen Versuchen basiert. Ob man will, oder nicht - diese Versuche sind aus der Geschichte der IVF nicht wegzudenken:

Die Daten stammen aus: Robert Edwards, Patrick Steptoe, A Matter of Life. The Story of a Medical Breakthrough. New York 1980. (Seitenzahlen sind in Klammern angegeben)

1960 R. Edwards erwägt erstmals die Möglichkeit einer Zeugung im Reagenzglas (in-vitro) (S.15)
Eine Gynäkologin lieferte ihm Eizellen und Teile von Eierstöcken, damit er sie kultivieren konnte. (42-44)
1965 Edwards lässt drei gespendete Eizellen heranreifen und versucht, diese mit seinem eigenen Sperma zu befruchten. (51-52)
Er lässt nichts unversucht. Eizellen wurden in die Eileiter von Kaninchen transferiert, dazu kamen einige menschliche Samenzellen, in der Hoffnung eine Befruchtung würde stattfinden. Schliesslich versuchten sie auf diese Weise Eizellen in den Eileitern von Rhesusaffen zu befruchten. 12 bis 24 Stunden später operierte man sie heraus - allerdings ohne Erfolg. (S. 54)
1968 Um Samen zu erhalten, der mit dem Reproduktionstrakt der Frau in Kontakt gekommen war, bat Edwards den Gynäkologen Steptoe, die Frauen vor einer Hysterektomie (Gebärmutterentfernung) mit ihren Ehemännern Geschlechtsverkehr zu haben, um zugleich bei der Operation solche Samenzellen gewinnen zu können. Bei ihren Besprechungen nahmen ethische Aspekte kaum Platz ein.(S. 79)
Edwards befruchtet neun Eizellen wieder mit dem eigenen Sperma. Die Erfolge mit insgesamt 56 befruchteten Eizellen wurden im Februar 1969 in Nature publiziert. (S. 81)
Einige erfolgreich befruchtete Eizellen wurden in Kaninchen transferiert, um herauszufinden, ob sie sich dort weiterentwickeln würden - allerdings ohne Erfolg. (S. 90)
Erfolgreich befruchtete Eizellen entwickelten sich bis zum Blastozyststadium. Doch diese wurden nicht den Eltern verpflanzt, sondern auf den Zustand ihrer Chromosomen überprüft und somit vernichtet. (S. 96-97)
1970 Edwards hegte keine Zweifel bezüglich Moral und Ethik seiner Arbeit. Er akzeptiere die Rechte seiner Patienten, um ihre Familien zu gründen und ihre eigenen Kinder zu haben. (S. 101)
Der Nobelpreisträger James Watson, der Entdecker der Dopelhelix der DNA, wirft Edwards vor, er könne mit seiner Forschung nur weiter machen, wenn er Infantizid (Kindstötung) akzeptiere. (S. 113) Edwards erwidert: "Dogmen, entweder kommunistischen oder christlichen Ursprungs, die in die Biologie eingedrungen seien, hätten nichts als Schaden angerichtet." (S. 114)
1972-1974 Erstmals werden zwölfmal Embryonen und achtmal Blastozysten in die Mütter transferiert.(S. 124-125)
bis 1975 Insgesamt untersuchte Edwards 101 Embryonen auf ihre Chromosomen und vernichtete sie dabei. Die gescheiterten Embryotransfers sind auf toxisches Paraffin beim Kultivieren zurückzuführen. (S. 131)
1975 Zwei Embryonen werden transferiert, die übrigen drei in-vitro weiterentwickelt, einer davon wird neun Tage lang in seinem Wachstum beobachtet und dann vernichtet. (S. 131-132)
bis 1976 Insgesamt erzielte Edwards mit allen Experimenten nur eine Eileiterschwangerschaft. (S. 133)
Überschüssige Embryonen lässt Edwards per Express nach London schicken. Allerdings überstehen jene Embryonen, die den Transport überleben, das Einfrieren in London nicht. Edwards beschafft sich ein eigenes Kryokonservierungsgerät und friert alle überzähligen Embryonen ein - ohne Erfolg. (S. 136-137)
12. Nov.
1977
P. Steptoe transferiert Lesley Brown innerhalb eines natürlichen Zyklus einen acht-Zell-Embryo. (S. 150-151) Weitere 16 Frauen unterzogen sich danach ebenfalls Embryotransfers, aber ohne Erfolg.
Jan. 1978 Von neun Frauen wurde nur eine schwanger. Edwards stellt fest, dass nur jene zwei Frauen schwanger wurden, die nach 17 Uhr ihren Embryo erhielten. (S. 158)
Weitere fünf Frauen erhalten einen Transfer, aber vier erst am Abend, eine am folgenden Morgen. Eine davon wurde ebenfalls schwanger.(S. 159, 160)
14. März
1978
An Lesley Brown wird invasive PND durchgeführt. (S. 163)
25. Juli
1978
Louise Brown wird um 23.47 Uhr mittels Kaiserschnitt entbunden.
Insgesamt sind unterdessen vier Frauen schwanger. (S. 182, bei S. 183 sind es nur noch drei.) Ein normal aussehender, aber triploider Embryo (mit 69 Chromosomen) ging nach einigen Wochen verloren. Ein gesunder Fetus endete, kurz nach allen bestandenen pränatalen Tests, mit 20.5 Wochen in einer Frühgeburt (800g) und lebte nur einige Stunden. Das vierte gesunde Baby wurde im Januar 1979 in Glasgow geboren. Gemäss Gina Maranto wurde bei einer Schwangerschaft das Down-Syndrom festgestellt und P. Steptoe führte einen Schwangerschaftsabbruch durch. (Gina Maranto S. 263)

Externe Links

Geburt des ersten geklonten Babys noch dieses Jahr? (27.11.2002)

Externe Links

Bildquelle: www.yahoo.com

Gerste Ronald D., Kontroverse Pläne fürs Klonen von Menschen. NZZ 9. Aug. (2001) 52.

Sunday Times vom 5. August 2001:

http://www.sunday-times.co.uk/news/pages/sti/2001/08/05/stinwenws01036.html?

http://www.sunday-times.co.uk/news/pages/sti/2001/08/05/stifocnws02002.html?

Literatur

National Academy of Sciences, National Academy of Engineering, Institute of Medicien, National Research Council, Scientific and Medical Aspects of Human Reproductive Cloning. Washington D.C. 2002.
Edwards Robert, Steptoe Patrick, A Matter of Life. The Story of a Medical Breakthrough. New York 1980, S. 113-114.