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15.04.2002 Schweiz

Auf adulte menschliche Stammzellen ausweichen! 

Schlussfolgerung aus dem Zwischenbericht des Zentrums für Technologiefolgenabschätzung zur Stammzellforschung

In einem am 15. April 2002 veröffentlichten Zwischenbericht des Zentrums für Technologiefolgen-Abschätzung beurteilen die Autoren die Verwendung adulter Stammzellen als viel weniger problematisch im Gegensatz zu den - vor allem in ethischer und rechtlicher Hinsicht - besonders umstrittenen embryonalen Stammzellen.

Ausweitung des Blicks gefordert

Die Regelungen der Stammzellforschung verlangen gemäss den Autoren der TA-Studie eine Neubeurteilung des moralischen Status des menschlichen Embryos. Dies werde Konsequenzen auf den Umgang mit menschlichen Embryonen und Feten in anderen Bereichen haben: Beispielsweise für die Pränataldiagnostik, die Frage des Schwangerschaftsabbruchs, die Präimplantationsdiagnostik oder die Transplantationsmedizin und die biomedizinische Forschung im allgemeinen. Nach Meinung der Projektleiterin der TA-Studie Bärbel Hüsing vom Fraunhofer Institut in Karlsruhe, können diese Entscheidungen im Rahmen der Stammzellforschung möglicherweise den Weg für Grenzüberschreitungen in den genannten Gebieten bereiten. Die Stammzellforschung steckt noch in den Anfängen. Bereits sind vielfältige wissenschaftlich-technische Hürden im Zusammenhang mit einem allfälligen zukünftigen therapeutischen Einsatz von menschlichen embryonalen Stammzellen absehbar, wie z.B. das Erreichen einer genügenden Qualität der differenzierten Zelltypen oder das Verhindern möglicher Tumorbildungen. Aus diesen Gründen erachten die Autoren der TA-Studie das Ausweichen auf ethisch weniger problematische Mittel für angezeigt. Dazu gehören neonatale und adulte menschliche Stammzellen sowie tierische embryonale Stammzellen.

Grosse Potenziale erhofft - für Wissenschaft und Wirtschaft

In der TA-Studie wird der Versuch unternommen, die zukünftigen Möglichkeiten der Stammzellforschung auszuloten. Das medizinisch-wissenschaftliche Interesse an menschlichen Stammzellen ist vor allem darin begründet, dass diese Zellen das Potenzial für die Entwicklung neuartiger Therapiekonzepte bergen. So könnten in Zukunft vielleicht einmal bisher unheilbare Krankheiten erfolgreich behandelt werden. Mögliche Anwendungsgebiete erhoffen sich die Forschenden vor allem in der Zellersatztherapie und im Tissue Engineering. Vor dem Hintergrund einer steigenden Lebenserwartung gewinnt die Entwicklung neuer Therapien für degenerative Erkrankungen (z.B. Alzheimer), für Erkrankungen des Herz -Kreislaufsystems, für Erkrankungen des Nervensystems (z.B. Parkinson, Multiple Sklerose) und für Krebs (z.B. Leukämien) zunehmend an Bedeutung.

Alle vorliegenden Marktschätzungen zum Potenzial der menschlichen Stammzellen gehen derzeit von einem explosionsartigen Wachstum des Marktes aus. Nach Schätzung einer deutschen Unternehmensberatung lag das weltweite Marktvolumen im Jahr 2000 noch bei 400 Mio. US-Dollar. Dieses soll auf 12.9 Mrd. $ bis 2005 und gar auf 57.7 Mrd. $ im Jahr 2010 anwachsen. Andere Schätzungen liegen in derselben Grössenordnung. Die Schweiz ist bei der Zahl der wissenschaftlichen Publikationen zum Thema Stammzellen mit den Universitäten Basel und Genf überdurchschnittlich aktiv. Vergleicht man die wissenschaftliche Stellung der Schweiz in der Stammzellforschung mit der bisherigen kommerziellen Umsetzung, so erhält man den Eindruck einer «Kommerzialisierungslücke », bemerkt Klaus Menrad, Mitautor der TA-Studie vom Fraunhofer Institut in Karlsruhe.

Der Inhalt des Zwischenberichts hat provisorischen Charakter und ist ein Diskussionsbeitrag zur laufenden Stammzellen-Debatte, die von der Stiftung Science et Cité zusammen mit anderen Institutionen koordiniert wird. Der definitive Bericht wird nach Abschluss der TA-Studie im Herbst 2002 erscheinen.

Der Zwischenbericht ist im PDF-Format auf der Webseite des Zentrums für Technologiefolgenabschätzung zugänglich. 

Externe Links

Zentrum für Technologiefolgenabschätzung

Zwischenbericht des Zentrums für Technologiefolgenabschätzung zur Stammzellforschung (239 Seiten, PDF: 1517 KB)
Siehe auch Spezialreport Nr.4/2002 von HLI-Schweiz: Stammzellen - eine Orientierungshilfe (PDF: 182 KB)