Aktualisiert: 02.04.2004

USA

1. Reproduktives und "therapeutisches" Klonen: "Verboten" und doch erlaubt!

Die öffentlichen Stellungnahmen des ehemaligen Präsidenten Clinton gegen das reproduktive Klonen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass sowohl reproduktives als auch "therapeutisches" Klonen in den USA möglich ist, wenn die Forscher dies ohne staatliche Unterstützung tun. Wer potente Sponsoren für die Einrichtung eines Labors und die benötigten Wissenschaftler findet, kann derartige Forschung durchführen.

2. Bahnbrechende Embryonenforschung

James A. Thomson von der Universität Wisconsin hatte 1998 im Magazin 'Science' erstmals über die Erzeugung menschlicher Stammzelllinien aus "überzähligen" Embryonen berichtet. Derartige Stammzellen teilen sich beliebig unter Wahrung ihrer Pluripotenz. Sie können während Monaten, wenn nicht Jahren in Kultur gehalten werden. Deshalb werden sie als "unsterblich" bezeichnet. Das Forschungsvorhaben von Thomson war ohne staatliche Mittel der USA ausgekommen. Es wurde durch die kalifornische Biotech-Firma "Geron" finanziert. Die Embryonen hatte das Team um Thomson von Fruchtbarkeitskliniken aus der USA und Israel - mit dem Einverständnis der Eltern - erhalten. Weil diese Embryonen getötet werden mussten, hatte sich Thomson gemäss Komentator E. Marshall an der Grenze der Legalität bewegt. Es ist gewiss nicht übertrieben, dass angesichts der verheissenen künftigen therapeutischen Möglichkeiten die bahnbrechenden Ergebnisse von Thomson's Embryonenforschung die staatlichen Stellen dazu bewegten, Forschungsgelder für die Forschung mit menschlichen embryonalen und fetalen Stammzellen locker zu machen.

3. Richtlinien der NIH regeln die Vergabe von Geldern zur Forschung mit menschlichen embryonalen und fetalen Stammzellen

Im Januar 1999 verhängte der Direktor des NIH (Department of Health and Human Services: National Institutes of Health) ein Moratorium zur Forschung von Stammzellen aus menschlichen Embryonen und Feten. Dieses Moratorium wurde am 25. August 2000 aufgehoben. Zugleich wurden Richtlinien zur Vergabe von finanzieller Unterstützung von Forschungsvorhaben herausgegeben. Man beachte, dass in Grossbritannien kurz zuvor am 16. August 2000 die 'CMO's Expert Group on Therapeutic Cloning' ihren Bericht mit dem Titel: "Stem Cells: Medical Progress with Responsibility" publizierte. Darin schlug sie der britischen Regierung die Zulassung des "therapeutischen" Klonens für die Stammzellproduktion vor.

Gemäss den Richtlinien der NIH können unter bestimmten Bedingungen staatliche Forschungsgelder für die Forschung mit menschlichen Stammzellen bezogen werden.

Ausgeschlossen von der finanziellen Förderung, aber nicht generell verboten sind folgender Vorhaben:

4. Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung: Das US-Repräsentantenhaus verbietet jegliches menschliche Klonen

Das US-Repräsentantenhaus hat am 31. Juli 2001 einem Gesetz zum Verbot menschlichen Klonens zum Zwecke sowohl der Fortpflanzung als auch der wissenschaftlichen Forschung mit 265 Stimmen und 162 Gegenstimmen zugestimmt.

Diese Abstimmungen unterstützte das Ansinnen von Präsident Bush, der seine "unmissverständliche" Gegnerschaft hinsichtlich des menschlichen Klonens zur Fortpflanzung oder Forschungszwecken zum Ausdruck gebracht hat. Das verabschiedete Gesetz, das auf den aus Florida stammenden Republikaner Dave Weldon zurückgeht, sieht Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren und Geldbussen bis zu einer Million Dollar im Falle von Delikten mit menschlicher Klonung vor. Der Senat, der bisher von den Demokraten dominiert war, hatte das Gesetz nicht verabschiedet. So kam es, dass am 27. Februar 2003 wiederum das US-Repräsentantenhaus über ein Klongesetz abstimmte, das alle Formen des Klonens verbietet. Das Stimmenverhältnis lag bei 241 Ja zu 155 Nein. Damit das Gesetz rechtswirksam wird, muss der Senat noch zustimmen.

Kommentar:

Damit sind jene Kommentatoren widerlegt, die das deutliche Abstimmungsergebnis vom 31. Juli 2001 im Repräsentantenhaus allein mit wahltaktischen Gründen erklären wollten (NZZ vom 2. Aug. 2001). Da die Mehrheitsverhältnisse im Senat geändert haben, könnte nun die Gesetzesvorlage dort auf Zustimmung stossen. Das Abstimmungsergebnis dürfte auch einem generellen Klonverbot durch die UNO neuen Aufschwung geben.

5. Präsident Bush will Forschung nur an bestehenden embryonalen Stammzelllinien unterstützen

In einer bemerkenswerten Stellungnahme äusserte sich Präsident Bush am 9. August zur Forschung an embryonalen Stammzellen. Das Ringen des Präsidenten, die Vorbehalte der Ethiker zu berücksichtigen ohne zugleich die Hoffnung der Forscher zunichte zu machen, hat sich in der Pressemeldung deutlich niedergeschlagen. Einerseits glaubt er, dass das menschliche Leben "ein heiliges Geschenk des Schöpfers" ist, andererseits anerkannte er, dass Millionen Menschen ihre Hoffnung in die Forschung setzen, die für verschiedenste Krankheiten künftig Heilung verspricht.

Bush entschied sich deshalb, Forschungsprojekte nur für die bestehenden 60 embryonalen Stammzellen mit staatlichen Geldern zu unterstützen. Der weiteren Zerstörung noch Embryonen zwecks Gewinnung von Stammzellen wird hingegen die finanzielle Unterstützung verweigert. Die Forschung mit Nabelschnurblut, adulten und tierischen Stammzellen will der Präsident aggressiv fördern. In diesem Jahr will die Regierung für diese wichtige Forschung 250 Millionen Dollar ausgeben.

Der Präsident wird ausserdem einen Rat einsetzen, der die Forschung an Stammzellen verfolgt, Richtlinien und Regelungen empfiehlt und medizinische sowie ethische Fragen der biomedizinischen Errungenschaften bedenkt. Der Rat des Präsidenten wird mit führenden Wissenschaftlern, Ärzten, Ethikern, Juristen und Theologen besetzt sein. Den Vorsitz nimmt Dr. Leon Kass, Ethiker in Biomedizin von der Universität Chicago ein.

Der Entscheid ist moralisch nicht lupenrein

Der Entscheid des Präsidenten ist moralisch sicher nicht lupenrein. Denn selbst durch die Förderung der Forschung an bestehenden Stammzelllinien wird die indirekte Verknüpfung mit der Tötung von menschlichen Embryonen nicht gelöst. Jene Forschungsinstitute, welche bei der Anwendung eines ethisch verwerflichen Verfahrens die Schnellsten waren, werden nun bevorteilt. Bestimmte Biotechfirmen sind bezüglich Rechten und Patenten einseitig bevorzugt. Andererseits wird den Forschern in den verschiedenen Labors nahegelegt, nicht neue Stammzellen herzustellen, was weitere Tötungen von Embryonen verhindert. Auch mit der grosszügigen Unterstützung (250 Mio $ nur für 2001) der Forschung an adulten und tierischen Stammzellen setzt er ein klares Zeichen welche Richtung künftig eingeschlagen werden soll. Leider wird dieser Sachverhalt von den Nachrichtenagenturen nur unzureichend oder sogar falsch wiedergegeben! Durch diesen Forschungszweig sind jetzt schon Leukämiepatienten geheilt und erfolreiche Gentherapien durchgeführt worden, während es noch keine derartige Erfolgsmeldungen aufgrund der Forschung mit embryonalen Stammzellen gegeben hat. Gerade das Problem der Abstossungsreaktionen ist noch nicht gelöst. Embryonale Stammzellen müssten genetisch verändert werden, damit sie im Körper des Empfängers keine heftige Immunabwehr auslösen - sonst müssten die Patienten lebenslang Immunsuppressiva einnehmen.

Liste jener Stammzelllinien, die Präsident Bush mit staatlichen Forschungsgeldern unterstützt:

Forschungsinstitution Anzahl an NIH gemeldete Stammzelllinien (Aug 2001)
Anzahl an NIH gemeldete Stammzelllinien (Nov. 2001)
Anzahl an NIH gemeldete Stammzelllinien, lieferbar (Dez. 2003)
BresaGen, Inc., Athens, Georgia, USA*
4
4
4
Cell & Gene Therapy Research Institute (Pochon CHA University, Südkorea)
2
Cell Therapeutics Scandinavia (Göteborg University, Schweden)
5
CyThera, Inc., San Diego, California
9
9
9
ES Cell International, Melbourne, Australien
6
6
Geron, California, USA
7
7
Karolinska Institute, Stockholm, Schweden
5
6
6
MizMedi Hospital—Seoul National University
1
Maria Biotech Co. Ltd.—Maria Infertility Hospital Medical Institute, Südkorea
3
Monash University, Melbourne, Australien
6
-
3
3
3
Reliance Life Sciences, Mumbai, Indien
7
7
7
4
4
8

University of California, San Francisco, California, USA

2
2
2
Göteborg University, Göteborg, Schweden
19
19
?

Wisconsin Alumni Research Foundation, Madison, Wisconsin, USA

5
5
5

64
72
68

*Offenbar liefern nur jene Firmen, die hier fett markiert sind an auswärtige Forscher.

Literatur

Thomson J.A.,Itskovitz-Eldor J.,Shapiro S.S. et al.: Embryonic stem cell lines derived from human blastocysts. Science 1998; 282:1145-1147.

Marshall E., A Versatile Cell Line Raises Scientific Hopes, Legal Questions: Science 282 (1998) 1014-1015.

Gearhart J., New Potential for Human Embryonic Stem Cells: Science 282 (1998) 1061-1062.

tlu, Menschliche Stammzellen in der Kulturschale. Experiment wirft ethische Fragen auf: NZZ 219, 11. Nov. (1998) 65.

Externe Links

Überblick der United States Conference of Catholic Bishops: Current State Laws on Human cloning

Pressemeldung aus dem Weissen Haus: Remarks by the President on Stem Cell Research. 9. Aug. 2001

USA What's New at the White House

USA Kongress - Gesetzesvorlagen (Suchsystem)

USA Department of Health and Human Services: National Institutes of Health (NIH)

National Institutes of Health (NIH) Update on Existing Human Embryonic Stem Cells (27. August 2001)

Stem Cells: Scientific Progress and Future Research Directions (Juni 2001, Bericht im PDF-Format: 20 MB, 222 Seiten)

National Institutes of Health Guidelines for Research Using Human Pluripotent Stem Cells (25. August 2000, korrigiert 21. November 2000)

Kommissionen:

The President's Council on Bioethics

Report: Reproduction and Responsibility, April 2004.

Report: Monitoring Stem Cell Research, Jan. 2004.

Report: Human Cloning an human Dignity: An ethical Inquiry, Juli 2002.

National Bioethics Advisory Commission (NBAC) -- Publications

American Bioethics Advisory Commission

American Society for Bioethics and Humanities

Ethikzentren:

National Catholic Bioethics Center (NCBC)

Kennedy Institute of Ethics -- Kennedy Institute of Ethics Journal

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